Caramini 08/2021 Seite 54-55

No-Motor-Show

Ihre Vorbilder markieren Anfang und Ende eines Jahrzehnts, die Philosophien liegen weit auseinander: Der 911 Carrera verkörpert die traditionelle Verbrennertechnik, der Taycan Turbo S den Aufbruch ins viel beschworene elektrische Zeitalter der Mobilität. Bburago hat sich um die Hülle der sportlichen Zuffenhausener gekümmert und solide Modelle mit feinen Details zum Taschengeldpreis auf die Räder gestellt.

Während die Marke White Box sich im Maßstab 1:24 gegenwärtig mit nicht mehr taufrischen automobilen Vorbildern befasst, geht Bburago erkennbar mit der Zeit. Zumindest begleitet die etablierte Modellmarke der May-Cheong-Group Porsches Einstieg in die Welt des rein elektrischen Antriebs mit dem Taycan Turbo S, der so vertraut nach Sechszylinder-Benziner klingt, aber keinen solchen unter der Haube hat. Dieses altvertraute Zeitalter der Verbrennungsmotoren darf noch der 911 Carrera S hochhalten, der Typ 991 repräsentiert die siebte, von 2011 bis 2019 gebaute Generation des schwäbischen Erfolgssportwagens. Und dessen als Farbvariante neu ausgelieferte, tiefschwarze 24er-Modellausgabe schauen wir uns zuerst an.

Die Scheiben tragen mattschwarze Randdrucke, das simuliert die aktuelle Art der Scheibenbefestigung. Allerdings sind diese Schwarz-Teile am Original innenliegend und das glänzende Scheibenglas daher nicht außen matt, und diese Optik fällt je nach Betrachtungswinkel auf; vor allem bei der schwarzen Modell-Karosserie, die ihrerseits auch hochglänzend lackiert ist und nicht weniger glänzt als die Scheiben – man mag das als Geschmackssache betrachten. Dafür sind die matten Aufdrucke randscharf, an der Heckscheibe wird dadurch auch der angespritzte Scheibenwischer eingefärbt. Dennoch, eine glänzende Bedruckung der Scheiben à la Taycan käme besser.

Beschriftungstechnisch ist das 911er-Modell auf einem hohen Niveau, ob Porsche-Emblem auf der Fronthaube oder die Schärfe der Heckbeschriftung, da gibt es nichts zu verbessern. Die Spaltmaße der zu öffnenden Karosserieteile sind eng und sehr gleichmäßig, und weil sie nicht mit Farbe zulaufen, gefallen sie eigentlich besser als die nur angedeuteten Spalte an der geschlossenen Motorhaube. Die Frontscheinwerfer und Heckleuchten sind im grünen Bereich, die sauber geformten Felgen aber erkennbar aus Kunststoff, was man dem Preisniveau nicht ankreiden kann. Eigentlich die einzige Schwachstelle sind die Bemalungen der Tagfahrleuchtleisten oberhalb der Lufteinlässe, die mit dem silbernen Pinsel etwas zu schwungvoll und wenig akkurat bemalt wurden.

Der Innenraum des Carrera ist – schwarz. Rote Gurtschlösser, eine gesilberte Ziereinlage am Armaturenbrett sowie gesilbertes Gas- und Bremspedal fallen zuerst ins Auge, wenn das Auge das Innere abtastet, erst dann erkennt es die strukturierte Oberflächengestaltung, die selbst die Sitzflächen erfasst, kaum erkennbar, aber da. Und der Innenspiegel, er spiegelt wirklich und so klar wie die Außenspiegel.

Weitere Einblicke? Ja, die Fronthaube lässt sich anheben, ein Kofferräumchen kommt zum Vorschein, gerade groß genug, um zwei Vivil-Drops drin zu verstauen. Aber wozu brauchen wir die Drops? Hinten ist kein verdeckter Anlass geboten, der uns den Atem rauben könnte. Das gerundete Heck mit den beiden Doppelauspuffblenden ist rundum zu. Wie angedeutet, die Motorhaube lässt sich nicht öffnen, kein Blick auf ein Triebwerk, das bei modernen Fahrzeugen ohnehin meist wenig Faszination ausstrahlt.

Was uns beim Bburago-911er erfreut: Die Kennzeichen zeigen die richtige Schrifttype und nicht jene, die wir beim 18er-Cayman von Maisto moniert haben. Fast ein Grund zum Frohlocken, denn auch die Buchstabenfolge lautet nun: S - GO… Na bitte, geht doch. Nur die AU-Plakette an der Front passt bei einem ab 2011 gebauten Auto nicht mehr ins Bild. Sie wurde bis Ende 2009 geklebt – und geklebte später abgekratzt.

Bburago 18-21065B Porsche 911 Carrera S Typ 991 (2011), schwarz, Fertigmodell Diecast, Maßstab 1:24, ca. 19 €.

Taycan Turbo S – voll elektrisch

Kommen wir zur Moderne und dem Taycan, der uns ob des Namens Turbo etwas irritiert. Aber es ist ein reines Elektrofahrzeug, und daher finden sich am Heck auch keine Auspuffblenden mehr. Bburago hat den Viertürer als Two-Door-Opener nachgebildet, also mit zu öffnenden Vordertüren, die dank heruntergelassener Scheiben gut zu öffnen sind. So fahren gerne auch junge Männer, damit man sie besser sehen und ihre Musik besser hören kann, wenn sie auf Posing-Tour durch die Stadt cruisen. Eigene Geräusche macht das E-Auto nämlich kaum, der Elektromotor beschleunigt scheinbar mühelos. Dass ihm das gelingt, davon zeugen die gelben Carbon-Keramikbremsen, bei Porsche eigentlich kostenpflichtiges Extra. Nicht so beim Taycan Turbo S, dessen Bremsanlage für 800 000 Kilometer Lebensdauer gut sein soll, weil der Wagen 90 Prozent aller Bremsvorgänge elektrisch vollzieht, die Motoren als Generatoren arbeiten, Energie gewinnen und das Auto verzögern. Als Besonderheit für ein reines E-Auto besitzt der Taycan ein Zweiganggetriebe, womit die Fahreigenschaften beim Anfahren einerseits und bei Höchstgeschwindigkeit (260 km/h) andererseits optimiert werden. Wer vom Taycan die Dauerleistung von 625 PS abverlangt, kommt mit dem Turbo S gut 410 Kilometer weit, mit der Spitzenleistung von 761 PS wohl weniger.

Ein hochmoderner, sportlicher Familienwagen, vollgepackt mit Hightech, das Modellautobauer nicht ansehnlich nachvollziehen können. Deswegen bleibt die Fronthaube sinnvollerweise zu, Verzicht auf jegliche Motor-Show. Das Wort Motorhaube muss man sich ohnehin schon langsam abgewöhnen wie Kupplungspedal oder Zylinder– alles Begriffe, die auf der roten Liste stehen. Das Armaturenbrett des Taycan ist ein Displayträger, dargestellt sind am Modell klassische Rundinstrumente; alles andere, was der Taycan zeigen kann, wäre wenig attraktiv im kleinen Maßstab darzustellen. Das schwarze Interieur lässt verschiedene Oberflächenstrukturen erkennen, das beherrscht Bburago gut, aber man muss schon genau hinsehen, um das schwarz in schwarz zu erkennen. Ansonsten bietet der Innenraum einige wenige gesilberte Absetzungen am Instrumententräger.

Attraktiv darstellen lassen sich außen die erwähnten gelben Bremsbacken und die gelochten Bremsscheiben, die zweifarbig abgesetzten Felgen sehen ordentlich aus, und die schwarzen Einfassungen der Scheiben tragen nicht – wie bei unserem 911-Muster – matt auf, sondern zeigen den Glanz des transparenten Einsatzes – so soll es sein und so sieht es auch gut aus. Die (an unserem aktuellen Muster) metallicblaue Lackierung gefällt und verleiht dem Modell ein edles Aussehen, fällt aber auf dem Karosseriekörper aus Diecast nicht ganz glatt aus. Die Spaltmaße der vorderen Türen sind sehr eng, denn die Türen sitzen perfekt in der Karosserie, da hakelt nichts und beim Öffnen und schließen hat man das Gefühl, dass diese Funktion noch lange anhalten wird. Alles anderen Hauben und Türen sind hinreichend angraviert, aber es ist nun mal nicht zu verbergen, dass sie nicht zu öffnen sind. Die Zeit der All-Opener geht offenbar zu Ende.

Bleibt noch die Frage, wie es das Modell des vollelektrischen Porsche mit dem Kennzeichen hält. Gar nicht. Auf dem Kennzeichenträger steht nur sein Name: Taycan Turbo S. Er muss sich wohl erst noch bekannt machen, denn mit seinem Preis von rund 186 000 Euro verbreitet sich der Taycan nicht so rasend schnell wie es das Bburago-Modell vormachen kann. Das gibt‘s für unter 20 Euro und mit Glück gar einen Fünfer günstiger – ein Taschengeld-Turbo.

Bburago 18-21098 Porsche Taycan Turbo S 2019, weiß und 18-21098B dito, dunkelblaumetallic, Fertigmodelle Diecast, Maßstab 1:24, je ca. 19 €.

Hans-Joachim Gilbert