Modell Fahrzeug 05/2021 Seite 34-37

Die E-Volution

SAMMELN: ’61 Jaguar E-Type von Bburago und Kyosho in 1:18

Fast 30 Jahre liegen zwischen den E-Type Coupés von Bburago und Kyosho in 1:18 – eine interessante Zeitreise en miniature.

Es war im Dezember vor 30 Jahren, als das erste Vorserienmuster des Jaguar E-Type Coupés in dunklem Grün auf dem Redaktionsschreibtisch des Autors parkte – 1992 kam die Neuheit schließlich auf den Markt. Eine Bburago-Novität in 1:18 war in diesen Zeiten eine weltweite Sensation. Damals, 1991, stand „Wind of Change“ von den Scorpions auf Platz 1 der deutschen Charts, und damit sind wir auch schon bei unserer Geschichte: der 1:18-Evolution von Sammlermodellen.

Denn neben der Sensation von damals parkt die brandneue Offenba-rung von heute, Baujahr 2021: das Jaguar E-Type Coupé Series I von Kyosho in derselben Baugröße. Dieselbe Baugröße, das wäre meistens glatt gelogen. Denn während der E-Type aus Kanagawa dank CAD-Produktion die Dimensionen fast sklavisch exakt 18fach verkleinert, war von der Maßstabtreue der Bburago-Modelle vor allem eines bekannt: Sie sollten die teilweise transparente Schachtel möglichst verkaufsfördernd füllen. Alle 1:18er aus Burago di Molgora interpretierten das Thema Baugröße deshalb mit norditalienischer Lässigkeit. Der Mini Cooper und die Alpine waren eher 1:16, das riesige Rolls-Royce-Coupé Carmargue exakt 1:22. Aber, und das ist eine Überraschung: Ausgerechnet der E-Type hält sich erstaunlich korrekt an die selbst erfundene Baugröße. Er ist nur fünf Millimeter zu lang, zwei zu breit und vier zu hoch. Geht doch!

Die Ausstattung war gar nicht so knauserig: Bewegliche Türen und Hauben sowie lenkbare Vorderräder sind Serie. Die aus Kunststoff gespritzten Speichenräder haben vorne und hinten immerhin 24 Speichen – das war damals eine formenbauerische Meisterleistung. Die Reifen sind so breit, wie sie es an einem Renncoupé des E-Type in Lightweight-Version niemals gewesen wären. Es gab bei den Italienern damals ein Baukastensystem für Reifen. Die Lackierung in einem Grünmetallic ist erstaunlich gut, denn schon damals setzte Bburago auf teilgekapselte, automatische Lackierstraßen, um in Masse eine hochwertige Lackierung zu realisieren. Blinker sowie Standlicht vorne und Rückleuchten sind einfarbig in grellem, transparentem Orange eingefärbt. Auf der Motorhaube sitzen zwei Talbot-Rückspiegel – das gab es bei E-Types wirklich – und die schwarzen Haubenhalterungen sind zweierlei: robust wie klobig. Ja: Der Motor ist simpel und chromblitzend, und der Hilfsrahmen bekommt automatisch die Farbe des Interieurs mit – in unserem Falle ein helles Braun. Dafür gibt es einzeln eingesetzte Türgriffe und sehr gute Spaltmaße. Die Scharniere haben echte Monsterdimensionen und halten Kinderhände aus, die sechs Rundinstrumente zeichnen Klebefolien nach, die Schalter in der Mittelkonsole und der Schaltknüppel wirken grobschlächtig, und die Türinnenteile sind nicht besonders fein graviert. Aber: Umgerechnet kostete der Jaguar E-Type als Coupé von Bburago damals 15 Euro. Das hat der Autor auch für sein Fotomuster 2021 bei Ebay bezahlt.

Direkt daneben parkt jetzt der neue E-Type aus Kanagawa. Kyosho bringt das Coupé als Rechtslenker zunächst einmal in den Farbkombinationen British Racing Green mit hellbraunen Sitzen, Dunkelblaumetallic mit rotem Interieur und Graumetallic mit cremebeigen Sitzen. Schmal, lang gestreckt und mit rundlichem Fastback-Heck trifft der E-Type aus Japan als Kind der CAD-Ära die Proportionen des rassigen Originals mit berechenbarer Präzision, also perfekt. Die Reifen sind originalgetreu dünn, die Spur ist so schmal wie damals, und aus heutiger Sicht, sprich der aktuellen F-Type-Ära, wirkt die Bereifung des Ur-Ahnen E-Type eher wie die eines Kinderwagens. Aber: Das passt alles und ist stimmig.

Wie beim Bburago-Pendant sind die Hauben und Türen, Letztere allerdings mit Rahmen und Fenstern, beweglich umgesetzt, aber an winzige und originalgetreu dimensionierten Scharnieren und mit noch besserer Passung. Die Vorderräder bauen auch die Japaner lenkbar, und der Kyosho-Sportwagen besitzt vorne wie hinten eine funktionstüchtige Federung. Die mit einem Hilfsrahmen montierte Hinterachse ist ein weiteres, brillant umgesetztes Technik-Feuerwerk. Die Räder sind ein Traum aus 74 Speichen, und das Chrom an Felgen, Zentralverschlüssen, Türgriffen sowie Fensterrahmen schimmert makellos und satt.

Noch überzeugender punktet der Reihensechszylinder in der Jaguar-Nase mit seinen Zündkabeln und der feinen Vergaseranlage vor allem bei den Technikfans. Selbst seine Kolorierung ist bis in die Nebenaggregate hinein überzeugend. Im Interieur gibt es Instrumente hinter Glas, fein dimensionierte Schalt- und Handbremshebel und die unvergessliche Schalterbatterie in der zierlichen Armaturentafel, die damals noch wirklich ihren altväterlichen Namen verdiente. Der Kofferraumboden zeigt in hellem Silber aufgedruckt die fünf Chromleisten als Verzierungen.

Das alles ist High End pur, „State of the Art“. Und solche Qualitäten wollen bezahlt werden: 220 Euro ruft der deutsche Importeur Minichamps für dieses prächtige Kleinkunstwerk auf – das Fünfzehnfache des Bburago-Obolus. Auch hier haben sich die Zeiten in 30 Jahren verändert. Glücklich werden kann der Sammler freilich mit beiden E-Types, mit jedem allerdings etwas anders!

Andreas A. Berse